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Folgeerkrankungen bei Diabetes: Was du wissen solltest

Mit 47 erhält Frauke die Diagnose Diabetes, drei Jahre später erleidet sie einen Herzinfarkt. Erfahre hier, wie sie dann zu einem guten Leben fand.

Diabetes und Herzer-

krankungen: So schützt du dich

Seit ihrem Herzinfarkt hat die Bankkauffrau und Mutter von zwei Kindern viele ihrer Gewohnheiten hinterfragt und effektiv verändert. In diesem Interview erzählt Frauke, wie sie das Thema Herzprobleme bei Typ 2 Diabetes überrascht hat und wie sie heute mit ihrer Erkrankung umgeht:

 

Frauke, drei Jahre ist es nun her, seit dich ein Herzinfarkt aus der Bahn geworfen hat. Was ist dein erster Gedanke, wenn du auf dieses beängstigende Ereignis zurückblickst?

Frauke: Ich hatte sehr viel Glück. Wobei mich vor allem die Diagnose Typ 2 Diabetes aus der Bahn geworfen hat. Ich bin damals in eine regelrechte Schockstarre geraten. Ein Zustand, der meine ersten Jahre mit Typ 2 Diabetes, bis hin zu den Folgen, also meinem Herzinfarkt, maßgeblich geprägt hat.

Kannst du diesen Zustand etwas genauer beschreiben?

Die Vorstellung, fortan mit einer chronischen Krankheit leben zu müssen, hat mich einfach völlig entsetzt. Ich wusste nicht viel über Typ 2 Diabetes, dachte aber immer, das wäre eine Krankheit, die nur alte Menschen betrifft. Und von einer älteren Kollegin wusste ich, dass sie nach der gleichen Diagnose ihr Leben bezüglich Bewegung und Ernährung ganz schön umgestellt hat. Ich wollte aber nicht, dass sich etwas in meinem Leben verändert – ich mochte es schließlich so, wie es war. 

Also habe ich wie gewohnt weitergemacht, habe die Einnahme von Medikamenten verweigert sowie mein ungesundes Essverhalten beibehalten. Dass ich mit meiner Ernährungsweise meinem Körper nichts Gutes tue, hatte ich schon länger geahnt. Und in Sachen Bewegung war ich auch keine Meisterin. ‚Egal‘, dachte ich, obwohl meine Diabetessymptome deutlich spürbarer wurden: Ich verspürte starken Durst, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, hatte trockene Haut und litt unter häufigem Wasserlassen. 

Wenn es mir mal nicht gelungen ist, vor diesen Signalen die Augen zu verschließen, dann habe ich es mir in der Opferrolle bequem gemacht. Von Akzeptanz keine Spur, von einem zielführenden Umgang mit der Krankheit auch nicht. Hätte ich mich über Typ 2 Diabetes schlau gemacht, hätte ich sicher auch etwas über Herz-Kreislauf-Probleme als Folgeerkrankungen erfahren. Mein Herzinfarkt allerdings kam schließlich ohne Vorankündigung, wie ein Paukenschlag. Ein unmissverständlicher Aufschrei meines Körpers und der beste Weckruf, der mir widerfahren konnte.

Inwiefern waren deine Herzprobleme als Begleiterkrankung des Typ 2 Diabetes ein Weckruf für dich?

Mir war mit einem Mal bewusst, dass es so nicht weitergehen kann und dass ich es selbst in der Hand habe, wie gut ich mit Typ 2 Diabetes leben kann. Dass ich mit meiner Art zu leben viel für meine Gesundheit bewirken kann. Im Positiven sowie im Negativen. Egal, ob es um die medikamentöse Einstellung oder um eine Lebensstiländerung geht – der Krankheitsverlauf hängt eng mit meinen Entscheidungen zusammen. Und weil mir das alles plötzlich klar wurde, hatte für mich zunächst eine Frage höchste Priorität: Was muss ich ändern?  

Sport kann bei einer Gewichtsreduktion helfen und ist gleichzeitig gesundheitsfördernd für Menschen mit Typ 2 Diabetes.

Und hast du eine Antwort gefunden?

Ja, zum Glück. Dabei war meine wichtigste Erkenntnis: Je mehr ich über meinen Diabetes weiß, desto gelassener und auch glücklicher kann ich mit dieser Krankheit leben. Ich vergleiche das gerne mit einer Beziehung. Wenn ich viel über meinen Partner weiß, kann ich auch eher in schwierigen Situationen nachvollziehen, wie er gerade tickt. Und ich kann dann einschätzen, wie ich auf sein Verhalten am besten reagiere. Das erleichtert das Zusammenleben  ungemein. Mit einer chronischen Krankheit verhält es sich ähnlich. Auch mit ihr erlebe ich Höhen und Tiefen, erfahre Ängste und Unsicherheiten. Und je besser ich die vielen Gesichter meiner Krankheit kenne, desto eher kann ich durch mein Verhalten für eine gewisse Stabilität im Zusammenleben sorgen. Allerdings gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen diesen beiden Beziehungen. Meinen Partner kann ich im Notfall verlassen, meine Krankheit hingegen bleibt ein Leben lang an meiner Seite.

Was hätte dich vor dem Herzinfarkt schützen können?

Das Wissen um die Folgeerkrankungen bei Typ 2 Diabetes und das Wissen darüber, wie stark Typ 2 Diabetes mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängen kann. Krankhafte Gefäßveränderungen beginnen beim Typ 2 Diabetes oft bereits, bevor die Zuckerkrankheit erkannt wird. Erhöhte Blutzuckerwerte, aber auch andere Faktoren, können beispielsweise zu Schädigungen der Blutgefäße führen. Hätte ich das schon vor sechs Jahren gewusst, hätte ich vielleicht direkt nach der Diabetes Diagnose begonnen, mich mehr zu bewegen, mein Gewicht zu reduzieren, meine Essgewohnheiten zu ändern und mich um eine optimale Blutzuckereinstellung zu kümmern.

Hätte dein Arzt dich nicht gleich auf die möglichen Folgeerkrankungen hinweisen müssen, als er die Diagnose Typ 2 Diabetes gestellt hat?

Ich bin mir sicher, dass er das getan hat. Wie gesagt, mich hat die Diagnose erstarren lassen. Ich weiß noch, wie ich die Stimme meines Arztes vernommen hatte, aber viel zu sehr mit meinem Selbstmitleid beschäftigt war, um ihm wirklich zuhören zu können. Ich finde es aber auch falsch, die Verantwortung für die eigene Gesundheit woanders zu suchen, als bei sich selbst. Es ist meine Krankheit und es ist dementsprechend auch meine Entscheidung, wie ich mit ihr umgehe. Meine erste gute Entscheidung habe ich diesbezüglich erst im Krankenhaus nach meinem erlittenen Herzinfarkt getroffen. Und die lautete: Ab jetzt informiere ich mich sehr genau, was ich für ein gutes Leben mit Typ 2 Diabetes alles beachten muss.

Wo oder wie hast du dich denn informiert?

Ich habe begonnen, intensive Gespräche mit meinem Arzt zu führen, jede Menge Bücher über Typ 2 Diabetes und die Folgen zu lesen und mich im Netz schlau zu machen. Dabei bin ich auf einige informative Seiten, wie die von der Deutschen Diabetes Stiftung gestoßen, die mir weitergeholfen haben1.

 iStock / FG Trade

„Mit welcher Lebensstiländerung du auch immer beginnen möchtest – beginne jetzt.“

Gibt es für dich so eine Art Top Ten der Diabetes-Fakten?

Nein, solch eine Hitliste habe ich für mich nicht aufgestellt. Aber natürlich gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die dem Detailwissen übergeordnet sind. Einfach weil sie die Basis jeglicher Diabetestherapie bilden. Bei der Diagnose Typ 2 Diabetes geht es nicht nur um eine gute medikamentöse Einstellung, um die Blutzuckerwerte möglichst konstant und langfristig niedrig zu halten. Es geht in erster Linie um die Lebensstiländerungen, die den entscheidenden Unterschied machen, um den gestörten Blutzucker Stoffwechsel zu verbessern, aber auch das Risiko für Langzeitschäden und Folgeerkrankungen gering zu halten. Eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, die Vermeidung oder Reduktion von Übergewicht, der Verzicht auf Rauchen und Alkohol sowie Stressabbau – all das kann die Behandlung von Typ 2 -Diabetes unterstützen. Meine andere Erkenntnis lautet: Mit welcher Lebensstiländerung du auch immer beginnen möchtest – beginne jetzt

Gehst du jetzt häufiger zum Arzt als noch vor deinem Herzinfarkt?

Ja. Mein Arzt hat mir angeboten, alle drei Monate zu einem Kontrolltermin in seine Praxis zu kommen und diese Termine nehme ich gerne wahr. Zudem versuche ich heute, meinem Arzt gegenüber völlig transparent zu sein. Je mehr er über meinen Zustand weiß, desto besser sind seine Chancen, mich präzise zu beraten und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um einen weiteren Herzinfarkt oder andere Herz-Kreislauferkrankungen zu verhindern. Ich schreibe mir deshalb vor jedem Termin auf, was ich meinem Arzt alles in Bezug auf meine Krankheit erzählen und welche Fragen ich ihm stellen möchte. Er hat mit mir auch ein sogenanntes Disease-Management-Programm (DMP) durchgeführt. Das sind Behandlungsprogramme, die in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen in Zusammenarbeit mit Ärzt:innen chronisch kranken Patient:innen angeboten werden. Sie sollen helfen, eine bestimmte chronische Krankheit in den Griff zu bekommen und die Lebensqualität zu erhalten. Mir hat das DMP sehr geholfen.

Eine schrittweise Ernährungsumstellung hat Frauke geholfen, ihr Leben mit Typ 2 Diabetes zu verbessern.

Wie ist es dir gelungen, alte Gewohnheiten durch neue zu ersetzen?

Bei jedem neuen Vorhaben liegt der Schlüssel zur Motivation darin, sich realistische Ziele zu setzen. Eine Ernährungsumstellung zum Beispiel kann nicht von einem auf den anderen Tag funktionieren. Hier ist es sinnvoll, sich kleine Etappenziele zu setzen und jeden Teilerfolg zu feiern. Das Gefühl des Fortschritts motiviert. Als ich begonnen habe, meinen Typ 2 Diabetes aktiv zu managen, habe ich immer irgendetwas vergessen. Auch Rückfälle erlitten. Das ist völlig normal und überhaupt nicht schlimm. Es kann eine Weile dauern, bis man sich an die neuen Routinen gewöhnt hat. Wichtig ist es, am Ball zu bleiben und sich selbst keine Vorwürfe zu machen.

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Ich denke die Erkenntnis, dass jeder Betroffene selbst einen immensen Einfluss auf den Verlauf seiner Typ 2 Diabetes Erkrankung und auf Folgeerkrankungen hat, ist von größter Bedeutung. Jeder kritische Blick auf den eigenen Lebensstil zählt. Dabei sind radikale Umbrüche gar nicht ratsam – es sind die kleinen, konsequenten Schritte zur Veränderung, die uns ans Ziel führen. Dabei war es für mich sehr sinnvoll, Hilfsangebote anzunehmen und in Kommunikation zu bleiben. Diabetesberatungsstellen, Selbsthilfegruppen aber auch sehr gute Freunde haben mich dabei unterstützt, durch den offenen Umgang mit meiner Krankheit dieses Vertrauen aufzubauen. Man muss das nicht allein schaffen. 

Vielen Dank für das Interview, Frauke. Wir wünschen dir alles Gute!

Sehr gern und vielen Dank!

 

 

 

Quellenangaben

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